Die Errettung des Schönen
Januar 2016
Almased und Die Errettung des Schönen
Auch im neuen Jahr wird kurz vor der Tagesschau für Almased geworben. Darüber ärgere ich mich genauso wie im alten Jahr. Erst wird uns vorgeführt, dass man sich mit einem Pülverchen runterhungern muss, um glücklich zu sein, dann kommen die Meldungen von Terror, Naturkatastrophen, Flüchtlingskrise, Kriegsschauplätzen im Nahen Osten und und und. Im neuen Werbespot von Almased wird geheiratet, aber das scheint nur mit vorheriger Abmagerungskur möglich zu sein. Alles ganz easy, ein wohlschmeckender Drink und alles läuft, die Kirchenglocken bimmeln, wenn die Figur stimmt.
Hat mal jemand an die vielen jungen Mädchen gedacht, die mit Magersucht gestraft sind, auch wenn sie das nicht als Strafe empfinden? Was wird uns da für ein Schönheitsideal vermittelt zur besten Sendezeit? Mir bleibt im neuen Jahr nur die Variante, die Tagesschau so punktgenau einzuschalten, dass mir diese unglaubliche Verdummung erspart bleibt.
Das hat alles mit Kunst nichts zu tun und eigentlich doch. Ich will nämlich auch im neuen Jahr keine Kunst sehen, die nur ein Abklatsch einer Welt ist, die vor Sattheit und Glätte aus allen Poren platzt. Eine Kunst des Like wie es der Philosoph Byung-Chul Han in seinem Buch „Die Errettung des Schönen“ schreibt: „Ohne die Negativität der Gebrochenheit verkümmert das Schöne zum Glatten…“, Adorno beschreibt „ihre Stimmigkeit bestehe darin, ,nicht zu stimmen‘. Sie ist nicht frei von ,Divergenz‘ und ,Widersprüchen‘.“ (s. „Die Errettung des Schönen“, S. Fischer: Frankfurt 2015, S. 57). Also, ich empfehle Möhrchen knabbern und ein wenig leiden und hadern, wenn man zu viele Pfunde drauf hat oder einfach ein bisschen runder bleiben.
Christiane Bühling